Risk Advisory

Von IRRBB über Bilanzmanagement zum Zinserfolg

Zinsänderungsrisiken im Bankbuch (IRRBB) sind von der Europäischen Bankenaufsicht als das gegenwärtige bzw. zukünftige Risiko von Wertschwankungen des Kapitals und Ertrags aufgrund adverser Zinsentwicklungen definiert.

 

Banken zu Anpassungen verpflichtet 

 

Das Inkrafttreten der CRD IV und die damit einhergehende verpflichtende Überwachung und Messung des IRRBB stellte die Kreditinstitute vor enorme Anforderungen hinsichtlich der Kalkulation des Economic Value of Equity (EVE) bzw. des Net Interest Income (NII): 
 

  • Korrekte Anbindung und Auswahl der Quellsysteme  
  • Definition der richtigen Attribute für die jeweiligen Entitäten 
  • Richtige Kalkulation bzw. Simulation der jeweiligen Szenarien für die Berechnung des EVE und des NII
  • Ständige Datenqualitätsvalidierung und -sicherung 


Für Geschäfte des Handelsbuchs erfolgt die Ermittlung des Zinsänderungsrisikos gesondert im Rahmen der FRTB-Leitlinien (Fundamental Review of the Trading Book). Das Resultat ist - im Gegensatz zum IRRBB - Bestandteil der Eigenkapitalanforderungen, was die Trennung von Handels- und Bankbuch obligatorisch macht. 

 

Vom Anlagebuch zur Gesamtsicht

 

Eine saubere Datenbasis für die Ermittlung des IRRBB enthält bereits alle mit einem Zinsänderungsrisiko behafteten Geschäfte des Anlagebuchs. Für diese werden die 6 vorgeschriebenen Zinsszenarien der IRRBB Leitlinien angewandt und entsprechende Cashflows modelliert. Erweitert man die Datenbasis um die bilanzierten Handelsbuchinstrumente, so ist es möglich, eine gesamtheitliche Sicht auf den aktuellen, zukünftigen und gestressten Zinsertrag zu erhalten. 

 

Pflichten der Aufsicht zum eigenen Vorteil nutzen

 

Um Aussagen zu signifikanten Kennziffern für die Gesamtbanksteuerung machen zu können, müssen die vorhandenen Daten aus dem Anlagebuch durch äquivalente Daten aus dem Handelsbuch angereichert werden. Für ein gesamtheitliches Balance Sheet Management (BSM) zur internen Steuerung ist es notwendig, alle zinssensitiven Geschäfte gemeinsam sowie bilanzielle und außerbilanzielle Positionen getrennt zu untersuchen, um
 

  • die optimale Zusammensetzung verschiedener Fundinginstrumente zu bestimmen (Cost of Funds) und 
  • Portfolioanteile und Wachstumspotentiale der Aktivseite zu identifizieren (bilanzieller Zinsertrag / NII).


Ersteres liefert Hinweise für die Wahl des richtigen Mix aus Eigen- und Fremdkapitalfinanzierung und unterstützt die Liquiditätssteuerung, insbesondere bei der Betrachtung der Durationen. Zweiteres gibt Anhaltspunkte für die strategische Neugeschäftsplanung bzw. effiziente Anlagennutzung.

Führt man die genannten Betrachtungen unter Stressszenarien durch, ermöglicht dies sogar ein holistisches Risikomanagement. 

Die Umsetzung kann dabei nach einem 4-Schritte-Plan erfolgen:
 

  1. Definition eines effizienten Basisportfolios1
  2. Festlegung der Granularität der Einteilung2
  3. Erweiterung um Cashflows3 
  4. Berechnung der Kennzahlen und des Reportings 


Neben dem Rundown des Principals, einer Übersicht der Zinssätze oder der Durationen können durch Kombination der Kennzahlen auch das NII sowie die Net Interest Margin (NIM) unter Basis- und Stressszenarien oder Neugeschäftsannahmen im Zeitverlauf dargestellt werden. 

Eine derartige Approximation des täglichen Zinsertrags kann nicht nur einen erheblichen Beitrag zur Banksteuerung liefern, sondern dient gleichzeitig dazu Schwachstellen bei der Datenqualität, -verfügbarkeit und -aktualität frühzeitig aufzudecken und zu beheben. Ergänzt man das Datenmodell noch um nicht zinsrelevante Sach- und Bestandskonten, kann eine on-demand verfügbare, approximierte Bilanzübersicht bereitgestellt werden. 

 

SKS starker Partner für mehr als nur Compliance 

 

Überholte ALM (Asset and Liability Management) Systeme, die aufgrund von Kostendruck und Ressourcenmangel mit minimalem Aufwand zur Erfüllung der regulatorischen Anforderungen aufgesetzt wurden, können nur schwer einen Mehrwert für die internen Steuerungsmechanismen bieten. Institute, die dagegen die Einführung von IRRBB im Zusammenhang mit dem Inkrafttreten von CRR II und CRD V als Gelegenheit nutzten, Prozesse, Datenverfügbarkeit und -qualität, Modelle u.v.m. zu überarbeiten, befinden sich nun in der komfortablen Situation, diese Umgebung schrittweise um Geschäfte und Szenarien derart zu erweitern, dass eine flexible Daten- und Reportinglandschaft entsteht, die sich für die Gesamtbanksteuerung nutzen lässt.


Gerne unterstützt Sie SKS Risk Advisory bei Vorstudien, Planung, Projektkoordination oder hands-on bei der Umsetzung, um die verpflichtenden IRRBB-Maßnahmen mit verhältnismäßig wenig Aufwand für die Gesamtbanksteuerung zu nutzen.

1 Es müssen alle zinswirksamen Produkte der Bilanz identifiziert werden und aus einem möglichst zentralen Datenhaushalt abrufbar sein. Sind entsprechende Filterkriterien zur Auswahl der Geschäfte definiert, kann mit Hilfe direkter Datenbankabfragen mit den aktuellsten Produktinformationen des Datawarehouses gearbeitet werden. Abhängigkeiten von Zulieferungen oder niedrig frequentiert verfügbaren Datenstrecken sollten vermieden werden.

2 Je granularer die Daten abgerufen werden, desto flexibler lässt sich am Ende ein transparentes Reporting aufsetzen. So ist für Geschäfte der Passivseite eine Einteilung nach Kundengruppen bei den Sichteinlagen oder eine Differenzierung nach der Haftungskaskade bei den langfristigen Verbindlichkeiten denkbar. Darlehen der Aktivseite könnten nach Wirtschaftssektoren oder internen Organisationseinheiten zur Überwachung der Wirtschaftlichkeit eingeteilt werden. Eine Gliederung der Wertpapiere nach Liquiditätsklassen kann das Reporting auch für die Treasury Abteilung wertvoll machen.

3 Infolge der Verfügbarkeit von Cashflow Szenarien für IRRBB brauchen diese nur noch um die Derivatecashflows erweitert werden. Durch die Unterscheidung zwischen Zins- und Tilgungscashflows ist es möglich, einen Rundown der Bilanz darzustellen. Neben der vertikalen Aufteilung der Bilanz nach Geschäftsarten ist eine Zuteilung der Cashflows in frei wählbare Time Buckets vorstellbar. Entsprechend werden die Zins- und Tilgungscashflows auf Einzelgeschäftsebene zu Couponzahlungen ausgewertet und das jeweilige aktuelle Nominal neu berechnet.
Mit der Integration von Neugeschäftsannahmen, Verhaltensmodellen u.v.m. ist ein mächtiges Steuerungswerkzeug für ein ganzheitliches Risiko- und Balance Sheet Management geschaffen.
 

Ansprechpartner

Oliver Brandt

Director Risk Advisory

Oliver Brandt leitet bei SKS den Bereich Risk Advisory in partnerschaftlicher Kooperation mit den anderen Unternehmensbereichen. Als Mathematiker beschäftigt er sich seit über zwanzig Jahren mit Themen im Risikomanagement der Finanzbranche und war für Beratungshäuser, Softwarehersteller und als selbstständiger Unternehmer tätig. In den letzten Jahren legte er seinen Fokus intensiv auf die Themen Digitalisierung, Entwicklung von Methoden Künstlicher Intelligenz sowie von KI-Modellen.

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